Die Geschichte des "Fansterbrattl's"

fansterbrattlAls im 19. Jahrhundert die Technik ihren Siegeszug um die Welt antrat und viele sie vergötterten, gerieten alte Bräuche und Volkslieder in Vergessenheit. Einige junge Studenten machten sich zur Aufgabe, altes Brauchtum neu zu entdecken und zu pflegen. Da sie auf Schusters Rappen Mutter Natur entdeckten, nannten sie sich "Wandervögel", und sie bauten sich auch ihre Nester (einfache Übernachtungen).

Einen solchen Wandervogel verschlug es als Junglehrer in unser Auerbach. Der gebürtige Limbacher, Hellmuth Vogel, kam 1911 hierher. Er hatte sich der Jugendbewegung der Studenten "Wandervögel" angeschlossen, als er sein Studium in Leipzig am Pädagogischen Institut absolvierte. Hier, in unserem Auerbach, öffnete er diese Bewegung allen jungen Leuten, die ebenfalls diese Interessen vertraten. Auch aus den umliegenden Orten schlossen sich junge Menschen dieser Bewegung an. Ihr "Nest" bauten sich die "Wandervögel" im Zipfel Nr., 21, im "Barthel-Häusel".

Als der junge Lehrer das erste Weihnachtsfest in unserem Ort erlebte, entdeckte er im Knoll-Häusel, Hauptstraße 48, ein Fensterbrett mit Moos (zuerst mag es wohl nur Moos gewesen sein, um das Eindringen von Kälte und Sturm zu verhindern), Figuren und Kerzen. So etwas hatte er noch nirgends gesehen, und er war begeistert davon.

Von der Besitzerin erfuhr er, dass es früher viele solcher Fensterbrattln in Auerbach gab, ihres aber nun als letztes noch aufgebaut wurde.

Der Junglehrer Hellmuth Vogel begann nun im Bastelunterricht mit seinen Jungs Fensterbrattln zu bauen. Und wie der Schwibbogen typisch für Schwarzenberg war, so war das Fensterbrattl mit seinen kleinen Häuschen und dem geschnitzten Dorfleben typisch für Auerbach. Bald gab es wieder viele Fensterbrattln, die im Advent und zu Weihnachten die Fenster schmückten und abends mit ihren Kerzen auch erleuchteten.

Leider musste Herr Vogel aus familiären Gründen schon 1913 wieder zurück in seine Heimatstadt Limbach. Als er 1928 wieder nach Auerbach zurückkam, entdeckte er nur noch 3 Fensterbrattln. Also begann er sein Werk von neuem. Mitte der 30er Jahre zählte man 1000 Fensterbrattln in unserem Ort, und zog jemand in einen anderen Ort, konnte man schon im darauffolgenden Advent erkennen: hier wohnen ehemalige Auerbacher.

Viele, die in den Westen gegangen sind, haben diesen Brauch auch dort gepflegt und von vielen Einheimischen wurde er dann übernommen.

Für dieses Engagement für die Brauchtumspflege in unserem Ort sollten wir dankbar sein, und wir wollen darauf achten, dass neben der weihnachtlichen Illumination auch unser echtes Auerbacher Fensterbrattl erhalten bleibt, dass nicht nur Lichter, sondern auch Häusel und Männel drauf hat.

aufgeschrieben von Maria Münzner nach Aufzeichnungen aus der Ortschronik, Mtbl. Nr.48/1996
Foto: Gotthard Markert

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